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Spuren

AUFBAU | ABRISS
ENTSTEHEN | VERSCHWINDEN
NEUANFANG | ENDE

Gedanken und Bilder sind Spuren des Erlebten in unserem Kopf. Manches sehen wir entstehen und verschwinden. Manches bauen wir selbst mit auf oder reißen es wieder ab. Es ist zeitlos und verbindet Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft.

Ein Beispiel für Aufbau und Abriss sowie die Folgen des Umbruchs zeigt sich in der Stadtgeschichte von Hoyerswerda, welche im Folgenden begleitet durch Songtexte des Hoyerswerdaer Liedermachers Gerhard „Gundi“ Gundermann umrissen wird.

Welche Spuren hinterlässt Hoyerswerda?

 „Sieh nach vorne spricht der Teufel
Denn da vorne ist das Licht
Streicht mein Dörfchen von der Karte
Nur aus meiner Seele nicht
An den Wiesen meiner Kindheit
Scheitert sein Radiergummi
Solang das Geld für einen Weißwein
Reicht solang erreich ich sie“
 
[Spricht der Teufel, Gerhard Gundermann, 1995]

Im Juni 1955 entschied der Ministerrat der DDR, im Rahmen des Kohle- und Energieprogramms den Aufbau des Kombinates Schwarze Pumpe. Dort entstanden in den Jahren drei Brikettfabriken, drei Kraftwerke, ein Gaswerk, eine Kokerei und weitere Anlagen auf einer Fläche von zwölf Quadratkilometern.

Die benötigten Arbeitskräfte sollten konzentriert in einer neu zu errichtenden Stadt angesiedelt werden. Hoyerswerda wurde als ökonomisch, verkehrstechnisch, städtebaulich und funktionell optimaler Standort für die neue Stadt ausgewählt.

„Wir fuhren jeden morgen
Früh um fünfe durch das Morgengrau
Mit jenem alten grauen Bus
Der schlug mit seinem Blues
Uns Löcher in den Magen
Doch die alte graue Kaffeefrau
Machte um neune den Schalter auf
Und goss den heißen Balsam drauf
Spuren
Spuren

Pünktlich um neune haben wir
Den alten Hammer fallenlassen
Der Kopf war noch ganz krank
Und die Arme warn schon lang
In der Kantine stierten wir in
Unsre alten grauen Kaffeetassen
Träumten hier im Eisenland
Von einem fremden weißen Strand“
[Frühstück für immer, Gerhard Gundermann, 1995]

Am 31. August.1955 erfolgte die Grundsteinlegung am Rande der Kleinstadt zum Ausbau von Hoyerswerda zur „2. Sozialistischen Wohnstadt der DDR“. Vorgesehen waren sieben Wohnkomplexe und ein neues Stadtzentrum.  Ab Mitte der 1960er-Jahre wurde klar, dass die Stadt entgegen früheren Prognosen (38.000 Einwohner) mehr Menschen aufnehmen musste.

Bis Ende der 1980er Jahre entstanden zehn Wohnkomplexe, in denen bis zum Ende der DDR 90 % der Einwohner Hoyerswerdas lebten, und das Stadtzentrum.

In den 1990er Jahren durchlebte die Region um Hoyerswerda einen gewaltigen Strukturwandel. Mit dem Zusammenbruch der Bergbau- und Energiewirtschaft fielen in der Lausitz 100.000 bis 150.000 Arbeitsplätze in allen Bereichen weg.

„Ich wurde Bergmann wie mein Vater und fuhr ein
Aber mein Sohn wird hier kein Bergmann mehr sein
Die Gleise rosten und das Förderband ist leer
Die braune Kohle von hier will jetzt keiner mehr

Spuren
Spuren

Ich war\’n Bergmann weiter hab\’ ich nüscht gelernt
Ich hab dieses Land in jedem Winter treu gewärmt
Die Lunge ist wien Sack mit Kohlebrocken voll
Im Herzen Asche in den Adern Alkohol

Ach meine Grube Brigitta ist pleite
Und die letzte Schicht lang schon verkauft
Und mein Bagger der stirbt in der Heide
Und das Erdbeben hört endlich auf

Spuren
Spuren

Ich war\’n Bergmann langsam geh ich durchs Revier
Die Frau will wegziehen aber ich bin angebunden hier
Gehör dazu wie aufm Fensterbrett der Staub
Ein jeder Baum trägt meinen Steckbrief unterm Laub“  [Brigitta, Gerhard Gundermann, 1992]

1997 begannen die Planungen zur Reduzierung des Wohnungsbestandes, da sich die Anzahl der Einwohner aufgrund hoher Arbeitslosigkeit (23,1 %) rasant verringerte.

1999 beschloss der Stadtrat den Teilrückbau und Abriss von Plattenbauten ebenso die Schaffung neuer Wohnqualitäten und Freiräume. 2001 begann in den Wohnkomplexen VIII, IX und X der Abriss. Heute sind fast alle Wohnkomplexe ausnahmslos abgerissen worden.

Auch von den ehemaligen Tagebaulöchern ist nicht viel mehr zu sehen. Viele wurden und werden geflutet und so die Landschaft großzügig umgestaltet. Vor den Toren der Stadt entwickelt/-e sich das Lausitzer Seenland, was künftig Europas größte künstliche Wasserlandschaft und Deutschlands viertgrößtes Seengebiet werden soll.

Kulturfabrik Hoyerswerda

Projekt Spurensuche: „Kindheit in der DDR“

„Kindheit in der kinderreichsten Stadt der DDR“

„Hier bin ich geborn        
Wo die Kühe mager sind wie das Glück
Hier hab ich meine Liebe verlorn
Und hier krieg ich sie wieder zurück

Hier liegt mein Vater unter der Erde
Meine Mutter liegt auf’m Balkon
Hier frisst mir eine Kinderherde
Die letzten haare vom Ballon
Hier sind wir alle noch Brüder und Schwestern
Hier sind die Nullen ganz unter sich
Hier isses heute nicht besser als gestern
Und ein Morgen gibt es hier nicht

Hier hab ich meine letzten Freunde beleidigt
Harte herzen zu Butter getanzt
Hier hab ich junge Pioniere vereidigt
Und Weihnachtsbäume gepflanzt
Hier hab ich meine Leichen im Keller
Wir spielen Mensch ärger dich nicht
Hier krieg ich immer nur’n halbvollen Teller
An einem runden Tisch

Hier gab es billigen Fusel auf Marken
Und genauso sehn wir heute auch aus
Hier lässt man Fremde nicht gerne parken
Es sei den sie geben einen aus
Hier drehe ich meine Kreise
Wie ein fest verankertes Schiff
Hier führt mich meine Reise
Nicht weit aber tief

Hier bin ich geborn
So wie ins Wasser fiel der Stein
Hier hat mich mein Gott verlorn
Und hier holt er mich wieder ein“

[Hier bin ich geboren, Gerhard Gundermann,1995]

Komm und hinterlasse deine persönliche Spur!

Veränderungen bewegen jeden und nicht jede Spur in unserem Leben ist immer positiv. Deshalb nimm dir als Wochenaufgabe: Hinterlasse eine Spur in dem Leben eines anderen mit Hilfe eines Kompliments oder einer kleinen Geste.

Suche dir dafür einen Stein. Nimm einen Stift und bemale oder beschreibe ihn nach deinen Vorstellungen.
Wie fühlst du dich?
Hast du heute etwas Bedeutendes erlebt?
Welche Bilder und Gedanken im Kopf bewegen dich gerade?
Gestalte diesen Stein als Sinnbild für dein jetziges Befinden!
Schaue ihn dir noch einmal genau an und lege ihn dann zu den anderen.
Gemeinsam legen wir aus mehreren persönlichen Spuren eine Spur!