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Verdrängung

Man verdrängt unangenehme oder schmerzliche Erfahrungen, sodass man sich nicht mehr mit ihnen beschäftigen muss. Man kann verdrängt werden von geliebten und gewohnten Umgebungen, Orten oder Menschen.

Woran denkst du zuerst bei dem Wort Verdrängung? Egal ob dir nun das Wasser in den Sinn kommt, was aus dem Glas schwappt, wenn man Eiswürfel nachfüllt, die erste Reihe beim Konzert, wo sich Menschen gegenseitig verdrängen, um noch besser sehen zu können oder eine Gruppe Geflüchteter, die aus ihrer Heimat verdrängt wurde und nun ein neues Zuhause sucht – Verdrängung hat immer etwas damit zu tun, aus seiner gewohnten Umgebung gerissen zu werden. Verdrängung stellt immer einen Umbruch dar, immer einen Wendepunkt.

Verdrängung - ein Bericht über die Wende '89

Nach der Wende fanden politische Säuberungen des Personals durch westdeutsche Kollegen statt. Unzählige DDR-Bürger wurden aus ihrem beruflichen Umfeld verdrängt und landeten direkt in der Arbeitslosigkeit, in Warteschleifen oder im vorzeitigen Ruhestand. Jüngere mussten sich oft berufliche völlig neu orientieren. Daher gab es im Osten Deutschlands besonders viele diplomierte oder promovierte Versicherungsvertreter, Steuerberater und Physiotherapeuten.

Die Folgen der beruflichen Verdrängung von DDR-Bürgern sollen folgende Beispiele verdeutlichen…

Verdrängung
Verdrängung

Nachdem sich der größte Teil der Mitglieder des in der DDR als starke Organisation agierende Verbandes der Kleingärten, Siedler und Kleintierzüchter dem Bundesverband Deutscher Gartenfreunde angeschlossen hatte, vertrat diese Organisation 970.000 Kleingartenparzellen. Davon kamen 470.000 – also fast die Hälfte – aus den neuen Bundesländern. Im elfköpfigen Vorstand waren Letztere allerdings nur durch zwei Personen vertreten.

Zwei Jahrzehnte nach der Wende waren etwa 60% des Personals ostdeutscher Hochschulen und 85% der Industrieforschung abgebaut. Im Jahr 2015 stammten lediglich 4 von 21 in Ostberlin und den neuen Bundesländern amtierenden Rektoren
bzw. Präsidenten von Universitäten und Hochschulen aus dem Osten.

Verdrängung

Hinter solchen Zahlen stehen einschneidende gesellschaftspolitische Umbrüche und harte persönliche Schicksale. Viele sahen sich ins Abseits gestellt und wollten vergessen.

Allein in Berlin gelang es 5.075 DDR-Bürgern auf zum Teil abenteuerlichen Wegen und unter Lebensgefahr durch die Sperranlagen in den Westteil der Stadt zu fliehen. Die Anzahl der gescheiterten Fluchtversuche, ist bis heute nicht genau bekannt.
Peter-Michael Diestel, inzwischen wieder Rechtsanwalt, erklärte in einem Interview:
„Wenn man sieht, wie in diesem Land mit Stasi-Unterlagen Schindluder getrieben wird, hat man einfach die moralische wie auch die Rechts-Pflicht, dagegen vorzugehen. Das Stasi-Syndrom forderte inzwischen mehr Todesopfer als die Mauer!“

Viele DDR-Bürger haben versucht, das Geschehene zu verdrängen. Leider sind sie nicht selten dabei gescheitert.

Auszug aus „Die vertanen Chancen von Wende und Anschluss“ – Günter Benser, vgl. S.127-129

Teste dein Wissen!

Wie viele Menschen waren in der DDR 1989 schätzungsweise alkoholabhängig?

a) 100 000

b) 200 000

c) 300 000

Antwort b ist richtig. Die Hintergründe der Abhängigkeiten wurden nie dokumentiert, Forscher gehen heute davon, dass diese die Unzufriedenheit der Menschen zugrunde liegen haben und der Alkohol somit als Bewältigungsstrategie genutzt wurde.

Wieviel Prozent der großen DDR-Betriebe wurden an westdeutsche Unternehmen verkauft?

a) 55%

b) 75%

c) 85%

Antwort c ist richtig. Des Weiteren gingen 10% der Betriebe an ausländische Investoren und 5% wurden an ostdeutsche Unternehmen verkauft.

Wieviel Menschen nahmen sich pro Jahr in der DDR das Leben?

a) 4 000

b) 6 000

c) 8 000

Antwort b ist richtig. Somit hatte die DDR mit eine der höchsten Selbstmordraten im internationalen Vergleich. Die Folge: Ab 1977 wurden die Zahlen verheimlicht und nicht einmal Forschern verraten.

Quellen:
http://www.med.uni-magdeburg.de/jkmg/wp-content/uploads/2013/03/JKM_Band18_Kapitel8_Henkel.pdf
https://www.stern.de/politik/deutschland/mauerfall/statistik-des-schreckens-eine-diktatur-in-zahlen-3448144.html
https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/wirtschaft/treuhand/treuhand-westdeutsche-kaufen-ostdeutsche-betriebe-100.html